Case: Geberit Monolith
Funktionale Raffinesse, brillantes Design
Eigentlich, sagt Marcel Heierli, war die Frage, die Geberit damals an das Team von Tribecraft gestellt hatte, ziemlich unsexy: „Wie könnte die nächste Generation von Aufputz-Spülkästen aussehen?“ Dass daraus ein preisgekröntes Design-Produkt entstehen würde, sagt der Produktlinienleiter, hätte keiner gedacht.
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von WC-Spülkästen: Auf- und Unterputzmodelle, wobei das Spülsystem beim ersten sichtbar, beim zweiten hinter der Wand verborgen ist. Als man beim Schweizer Sanitärkonzern Geberit das Zürcher Designbüro Tribecraft an Bord holt, um das Unternehmen bei Produktinnovationen zu unterstützen, gibt man den externen Entwicklern kaum Vorgaben. „Das ist für eine Firma dieser Grösse ein ziemliches Risiko“, sagt Tom Stäubli, Designer bei Tribecraft, denn bei Innovationsprozessen wisse man anfangs nicht, wohin die Reise führt. „Vielleicht entsteht eine grosse Idee, vielleicht eine kleine, und vielleicht sind die Produkte, die uns vorschweben, für unseren Kunden dann doch zu abenteuerlich.“ Er lacht und schiebt nach: „Wobei das glücklicherweise selten vorkommt.“ Dass man den externen Beratern beim Entwickeln von Ideen einen grossen Spielraum lässt, ist ein bewusster Entscheid. Geberit will, dass die Entwickler ohne Scheuklappen an die Sache herangehen. Das sei zwar anfangs ungewohnt gewesen, sagt Heierli, „aber wir waren der festen Überzeugung, dass man nur neue Standards setzen kann, wenn der Vorstellungskraft keine Grenzen gesetzt werden.“
Nach intensiver Recherche und einer umfassenden Markt- und Verkaufsanalyse schlägt Tribecraft dem Schweizer Sanitärkonzern vor, den Spülkasten, bis anhin ein unambitioniertes Gefäss oberhalb der WC-Schüssel, neu zu deuten und räumlich anders zu verorten, so dass er nicht mehr als Sanitärinstallation erkennbar ist. Ihre Idee ist der Monolith, eine Produktfamilie, die dank ikonischem Design den Badraum nicht nur qualitativ aufwertet, sondern auch optisch definiert. Damit reagieren die Entwickler:innen von Tribecraft auf den langfristigen Trend, das Bad als Wohnraum aufzuwerten. Die Sanitärmodule, die aus Glas und gebürstetem Aluminium bestehen, sind zwar komplex aufgebaut. Sie erinnern jedoch eher an architektonische Stilmittel denn an Installationselemente.
Manche Designbüros präsentieren Produktskizzen, die schön aussehen, aber einem funktionalen Anspruch nicht gerecht werden, sagt Heierli. Bei Tribecraft sei die Herausforderung eine andere: „Weil bei Tribecraft praktisch gleich viele Designer wie Ingenieurinnen unter einem Dach arbeiten, hat jede Produktskizze sowohl auf der gestalterischen wie auf der funktionalen Ebene Substanz. Wenn unsere Leute bei Geberit beim Umsetzen einer Idee vor einer unvorhergesehenen Herausforderung stehen, dann können wir auf die Unterstützung von Tribecraft zählen, die keine Mühe scheut, sich neue Wege zum Ziel auszudenken.“
Bei Tribecraft sieht man sich brillantem Design verpflichtet, das auch in der Anwendung überzeugt. Ob man über Materialoberflächen oder eine funktionale Raffinesse diskutiert, das interdisziplinäre Team kämpft immer für das Optimum. Dieses kompromisslose Auge fürs Detail sei in der Zusammenarbeit nicht nur bequem, sagt Heierli, „wir wussten, dass es anstrengend werden würde. Aber genau deshalb haben wir Tribecraft engagiert.“ Dass sich die Anstrengungen auszahlen, zeigt sich auch am Branchen-Echo, als der Monolith 2010 auf den Markt kommt. Er wird mehrfach ausgezeichnet. Kurz nach der Produktlancierung hätten einige Konkurrenzanbieter eigene Produkte auf den Markt gebracht, die sich im Design stark am Monolith orientieren, erinnert sich Heierli – doch keines kann überzeugen: „Entweder stimmte das Design nicht, oder die Technik war nicht ausgereift.“ Geberit positioniert sich derweil designseitig an der Marktfront. Bis vor wenigen Jahren stand das Unternehmen für qualitativ hochstehende Produkte, lange Lebensdauer und nachhaltige Herstellung. Dass heute auch hochkarätiges Design dazugehört, war in der langjährigen Zusammenarbeit stets ein erklärtes Ziel von Tribecraft.
Beide Firmen verbindet eine ähnliche Produktethik und ein hoher Anspruch an die eigene Leistung. „Die Haltung, Qualität hoch zu werten und gleichzeitig keine Angst vor Veränderungen zu haben, ist eine der grossen Stärken von Geberit“, sagt Tom Stäubli. Es ist auch ein Grund, weshalb sich eine Partnerschaft entwickelt hat, die seit mehr als fünfzehn Jahren besteht. Diese Situation macht die Zusammenarbeit effizienter, weil beide Seiten aufeinander eingespielt sind. Doch es ist auch eine Herausforderung, wie Stäubli erklärt: „Normalerweise ist genau der unvoreingenommene Blick der Fachfremden eine unserer Stärken. Doch die Bad- und Sanitärwelt von Geberit gehört mittlerweile zum angestammten Territorium.“ Entsprechend sei man darauf bedacht, der langjährigen Erfahrung nach wie vor eine konsequente Aussensicht entgegenzustellen.
Das scheint zu funktionieren: Über die Jahre sind viele Produkte angedacht worden. Einige Ideen wurden umgesetzt, andere verworfen. Genau darum geht es laut Stäubli: „Innovation bedeutet nicht, ein Produkt in den Markt zu stellen. Innovation bedeutet Veränderung.“ Im Fall von Geberit heisst das auch ein neues Selbstverständnis und eine gesteigerte öffentliche Wahrnehmung. Heierli sagt: „Als ich vor zwanzig Jahren zu Geberit kam, gab es nur wenige, denen unser Name ein Begriff war. Die Bekanntheit der Marke hat in der Zwischenzeit stark zugenommen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Zusammenarbeit mit Tribecraft dabei eine entscheidende Rolle gespielt hat.“