Case: Bosch Säbelsäge

Intuitiv zerlegen

Handwerker:innen und Feuerwehrleute müssen bei ihrer Arbeit oft improvisieren. Die neu konzipierte Säbelsäge von Bosch ist genau darauf ausgelegt. Das liegt auch am handfesten Vorgehen ihres Entwicklungsteams.

Dass bei Tribecraft nicht nur Schreibtischtäter sitzen, erschliesst sich den Besuchern im Büro in Zürich Binz nicht sofort. Topmoderne Sitzungsräume, eine gemütliche Lounge und dazwischen ein grosser weisser Kubus im Raum. Darin befindet sich die Werkstatt, in der täglich Späne auf den abgewetzten Boden fallen. Alle Entwicklerinnen und Entwickler sind für die Arbeit an den Werkstattgeräten ausgebildet, bei einigen war eine handwerkliche Lehre der Start ihrer beruflichen Laufbahn. „Wir erweitern unser gestalterisches und technisches Wissen über die reale Anwendung“, sagt Arno Lenzi, Designer bei Tribecraft, „sie eröffnet verborgene Potentiale und hilft uns dabei, Produkte neu zu denken — sozusagen aus dem körperlichen Gespür heraus“. Das macht die Zürcher Agentur für verschiedenste Kunden attraktiv. So reicht das Spektrum ihrer Aufträge von der Vision für neue Produktkategorien bis zur Verbesserung der Anwendungsfreundlichkeit bestehender Produkte.

Benutzungsanalyse beim Palettenbauer

Als Lenzi und seine Kollegen vom Elektrogerätehersteller Bosch den Auftrag erhalten, dessen Säbelsäge neu zu denken, beginnen sie ihre Arbeit daher weder mit kreativen Brainstormings noch mit ausgiebigen Skizzen. Sie wenden sich an jene, welche die Säge am besten kennen: Die Handwerkerinnen, Palettenbauer und Feuerwehrleute, die regelmässig mit ihr arbeiten.

Für ein neues Konzept sei es zentral, die alltägliche Anwendung der Profis mit allen Tricks und Kniffen zu erfassen, sagt Lenzi, „ein Blick auf die Nutzung bei der Arbeit verrät uns viel mehr als lange Fragebogen“.

Das bewahrheitet sich auch in diesem Fall. Auf der Baustelle stellt Tribecraft fest, dass die Säge oft an Stellen zum Einsatz kommt, die schwer zugänglich sind und improvisierte Arbeitsstellungen erfordern. Zurück in der eigenen Werkstatt bewältigen das Entwicklerteam ähnliche Aufgaben mit Sägen verschiedener Hersteller — nicht nur an der Werkbank, sondern auch auf der Leiter oder am Boden. Ihre Beobachtungen bestätigen sich: Oft ist es nötig, das Gerät um die eigene Achse zu drehen oder quer zu halten, um effizient sägen zu können.

konventionelles Säbelsägen-Layout

Doch die klassischen Säbelsägen sind auf eine standardisierte Werkbankposition ausgelegt, für freies Arbeiten im Raum gibt es kaum Griffpositionen. Nutzer:innen müssen sich unangenehm verrenken, sie ermüden schneller, die Präzision sinkt und die Effizienz leidet.

Diese ergonomischen Überlegungen werden zum Ausgangspunkt für die Verbesserung. Im Fall der Säbelsäge heisst das: Das Gerät muss kürzer werden, ohne dass die Gewichtsverteilung leidet, die Position und Dimensionierung der Griffe muss neu gestaltet und die Einsehbarkeit verbessert werden.

Experimentalprototyp im Einsatz

„Die Ideen für solche Ansätze entstehen über die Anwendung, müssen aber auch darin bestätigt werden“, sagt Lenzi. Dafür zerlegt das Team bestehende Säbelsägemodelle, ordnet Elemente neu an, ergänzt sie und schraubt und klebt das Ganze zu einem funktionierenden Experimentalmuster zusammen. Während sie damit testen, probieren sie unterschiedliche Konfigurationen durch und nehmen direkt weitere Verbesserungen vor.

Die neue Säge, welche Tribecraft vorschlägt, liegt leichter in der Hand, bietet vielfältige Griffpositionen und ist auch für Sekundärhandlungen wie das Wechseln des Sägeblattes leichter zu bedienen. Statt die Handhabung auf ein theoretisches Optimum zu fixieren, unterstützt das Gerät beim intuitiven Arbeiten. „Bei unseren Konzepten ist es uns wichtig, dass die Kraft und Konzentration der Nutzer:innen für die Arbeitsaufgabe zur Verfügung stehen und nicht an die Unzulänglichkeiten des Produktes verschwendet werden“, sagt Lenzi.

Produktvision des neuen Säbelsägen-Layouts
Eindrücke aus den Benutzungsanalysen
Verschiedene Säbelsägen-Modelle im Selbsttest
Selbsttest der häufigen Überkopf-Anwendung
Die Handhabung in unzugänglichen Situationen wird erforscht
Situationen und Szenariencluster im Selbsttest
Features des Experimental-Mockup II
Konzept für Blattwechsel mit Nachweis über Bedienmuster
Vorschlag für neues Layout der Antriebskomponenten mit Machbarkeitsnachweis anhand Bauraum-Studie und bestehender Mini-Akkusäbelsäge
Bedien-Features in der Produktvision
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Das Team um Lenzi übergibt das Konzept als Produktvision mit Vorschlägen für Features und Layout, Ergonomievorgaben sowie dem Experimentalprototyp an die Entwicklungsabteilung von Bosch. Diese treibt die von Tribecraft vorgeschlagenen Ansätze weiter und entwickelt die nötige Technologie. Technische Verbesserungen, welche die Schnittleistung erhöhen und die Vibration reduzieren fliessen mit ein und resultieren in einem Serienprodukt, das konsequent auf die Anwendungsbedürfnisse ausgerichtet ist. Dieser Fokus auf Profi-Nutzung zahlt sich aus: auf Testseiten wird die neue Säge für ihr ausgeklügeltes Layout und die verbesserte Anwendungsfreundlichkeit gelobt. So schreibt ein Testportal: „Egal ob man über Kopf, am Boden oder der Wand entlang sägt — es ist einfach, die eigene Griffposition anzupassen, um immer ergonomisch und ermüdungsfrei zu arbeiten. (…) Die Säge ist nahezu makellos konzipiert.“



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